Dass eine Anlage in Investmentfonds für den langfristigen Vermögensaufbau empfehlenswert ist, darin ist man sich wohl einig. Sogar die Bundesregierung plant, die umlagefinanzierte Rente, um die kapitalgedeckte Aktienrente zu ergänzen. Privatanleger, die sich aus guten Gründen für eine fondsbasierte Anlage für die Altersvorsorge entscheiden, stehen regelmäßig vor der Frage: Entscheide ich mich für ein Depot oder schließe ich besser eine fondsgebundene Rentenversicherung ab?
Depot oder Fonds als Rente – wo ist der Unterschied?
In einem Depot werden Fondsanteile als Sondervermögen von einer Bank verwaltet. Das Depot hat keine feste Laufzeit und kann flexibel bespart werden. Bei der fondsgebundenen Rentenversicherung werden die Fondsanteile im Sicherungsvermögen eines Versicherers gehalten. Die Rentenversicherung hat eine feste Laufzeit. Am Ende der Laufzeit wird das Kapital in eine lebenslange Rente umgewandelt. Je nach Ausgestaltung gibt es Rentenversicherungen, die statt der Rente auch eine Kapitalauszahlung anbieten. Die Option der lebenslangen Rente versichert das Risiko, bedeutend älter zu werden, als die eigene Finanzplanung es vorsieht.
Worin gleichen sich die Produkte?
Im Kern setzen beide Produkte auf die Rendite aus einer breiten Auswahl von Investmentfonds. Moderne Rentenversicherungen bieten die Möglichkeit auf flexible Änderung des Sparbeitrags, vorzeitige Zu- und Auszahlungen und Verschiebung des Rentenbeginns. Beide Produkte gibt es in sehr einfachen Ausführungen oder komplexer, geeignet zur Verwaltung eines ganzen Fondsportfolios.
Steuerliche Unterschiede
Der größte Unterschied liegt in der Besteuerung. Oder genauer: im Zeitpunkt der Besteuerung. Beim Umschichten des Kapitals von einem Fonds in einen anderen, erfordert das Depot den Verkauf der alten Fondsanteile. Der realisierte Gewinn ist steuerpflichtig. Im Rahmen der Rentenversicherung kann dieser Austausch steuerlich neutral stattfinden, da die Gewinne dem Anleger nicht zufließen und somit nicht realisiert werden.
Gewinne im Depot werden mit einer Kapitalertragsteuer von 25% (zzgl. Soli und Kirchensteuer) besteuert. Bei reinen Aktienfonds sind hierbei 30% des Gewinns steuerfrei (Teilfreistellung). Zudem wird jährlich die Vorabpauschale erhoben. Hierbei handelt es sich um einen fiktiven Gewinn i.H.d. Basiszinssatzes, der mit der Kapitalertragsteuer besteuert wird. Der Sparer-Pauschbetrag i.H.v. 1.000€ p.a. ist anwendbar.
In einer fondsgebundenen Rentenversicherung (3. Schicht) werden realisierte Gewinne (Entnahmen) vor dem 62. Lebensjahr mit der Kapitalertragsteuer unter Berücksichtigung der Teilfreistellung von 15% versteuert.
Nach dem 62. Lebensjahr und einer Laufzeit von mindestens 12 Jahren werden realisierte Gewinne mit dem persönlichen Steuersatz (zzgl. Soli und Kirchensteuer) unter Berücksichtigung der Teilfreistellung von 15% und des Halbeinkünfteverfahrens (nur 50% der Erträge) besteuert. Der Sparer-Pauschbetrag i.H.v. 1.000€ p.a. ist anwendbar.
Eine lebenslange Rente wird mit dem persönlichen Steuersatz (zzgl. Soli und Kirchensteuer) und unter Anwendung des Ertragsanteils besteuert.
Der geneigte Leser hat möglicherweise schon mitgerechnet und festgestellt: Die Steuersätze des Depots und der privaten fondsgebundenen Rentenversicherung schenken sich nicht mehr so viel. Nehmen wir an, zu Rentenbeginn sollen beide Produkte voll ausgezahlt werden. Der persönliche Steuersatz liege bei 40% und Kirchensteuer falle nicht an. Die effektiven Steuersätze betrügen:
Depot: 70% x 25% + 5,5% = 18,46%
Rentenversicherung: 85% x 50% x 40% + 5,5% = 13,45%
Der Unterschied beläuft sich also auf knapp 5% – die Rendite eines durchschnittlichen Jahres am Aktienmarkt.
Der viel größere Vorteil liegt in folgenden steuerlichen Besonderheiten:
- Die Stundung der Vorabpauschale
Die Vorabpauschale wird bei der finalen Entnahme des Investments in Abzug gebracht. Das bedeutet, effektiv wird die Steuer in der fondsgebundenen Rente nicht vermieden, sondern auf die Auszahlung verlagert. Der Vorteil liegt somit in der Stundung der Steuer. Bei aktuellem Basiszins (2,55%) ergäbe sich Vorteil von 0,1-0,3% p.a. - Die Stundung von realisierten Gewinnen
Bei Umschichtungen im Fondsportfolio werden im Depot im Moment des Umschichtens Steuern fällig. Die umgeschichteten Anteile starten ab diesem Moment steuerlich wieder bei 0% Gewinn. In der Rentenversicherung muss erst die finale Auszahlung besteuert werden. Es wird effektiv der gleiche Gewinn, allerdings zu einem späteren Zeitpunkt, versteuert. Der Stundungsvorteil liegt je nach Laufzeit bei 0,2-0,5% p.a.
Kombiniert man nun alle o.g. steuerlichen Vorteile der Rentenversicherung und betrachtet den kumulierten Renditevorteil, ergibt sich für eine einmalige Investition je nach Laufzeit folgendes Bild:
Laufzeit | Vorteil der Police |
20 | 0,4% p.a. |
30 | 0,5% p.a. |
40 | 0,65% p.a. |
Annahme: 100.000€ Anlage, 6% Rendite, 2,55% Basiszins, 10% jährliche Umschichtung der Fonds, ohne Produktkosten, ohne Sparer-Pauschbetrag
Flexibilität
Die meisten Depots bieten die Möglichkeit der tagesaktuellen Onlineeinsicht, der flexiblen Anpassung von Sparplänen und Zu- bzw. Auszahlungen. Viele Rentenversicherungen sind hier weniger flexibel. Häufig sind Änderungen nur mit Formularen zu übermitteln und Onlinezugänge trifft man noch eher selten am Markt vor. Es gibt aber eben auch Ausnahmen, die ziemlich exakt das abbilden können, was ein Depot kann – und teilweise sogar mehr.
Kostenunterschiede
Die Bandbreite der Produktkosten ist immens. Die Kosten eines Depots beginnen bei 0€. Setzt man gleiche Maßstäbe an und erwartet von beiden Produkten eine gehobene Funktionalität, dann sinkt die Kostendifferenz:
Kosten | Depot | Fondsgeb. Rentenversicherung |
Fixkosten | 0-45€ | 36-60€ |
Anteilig am Fondsguthaben | 0,15%-0,65% | 0,2-0,45% |
Anforderung: feste Portfoliostruktur, automatisiertes statisches Rebalancing, vollständige digitale Verwaltung, ohne inkludierte Beratervergütung
Fazit
Vergleicht man ein Fondsdepot mit einer fondsgebundenen Rentenversicherung, sind die Produktkosten nicht unbedingt der entscheidende Unterschied.
Die Vorteile der Rentenversicherung liegen vor allem in der Steuerstundung. Naturgemäß wird der Vorteil der Steuerstundung größer, umso länger die Anlagedauer.
Nur: Warum ist die allgemeine Wahrnehmung, dass die Rentenversicherung das überteuerte und unflexible Produkt zur Anlage ist? Zum einen vermutlich, weil es in der Vergangenheit auch so war. Zum anderen werden Rentenversicherungen selten ohne Berater angeboten. Und Berater wollen (und sollten) bezahlt werden. Was dann folgt, ist ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen.
Wer sich reflektiert mit dem Vergleich befasst, muss feststellen: Kosten und Flexibilität sind im Einzelfall zu betrachten. Es gibt auf beiden Seiten gute und schlechte Produkte. Ist der Zeitraum weniger lang, und Flexibilität besonders wichtig, fällt die Wahl auf das Depot. Von den äußeren Gegebenheiten steht die Rentenversicherung vor allem bei langem Anlagehorizont besser da. Wie so oft liegt die Wahrheit also in der Mitte.
Unser Tipp
Den Kapitalaufbau über 10 bis 15 Jahre für die Familiengründung oder das Eigenheim kann man sehr gut über ein Depot realisieren. Für die Altersvorsorge lohnt es sich oft mehr, auf die Rentenversicherung zurückzugreifen. Für die Wahl des richtigen Produktes sollte unbedingt ein unabhängiger Berater hinzugezogen werden. Gerade hier gibt es gigantische Unterschiede im Hinblick auf die Produktkosten. Und da Verträge die Beratervergütung oft in den ersten Jahren mit den Kosten verrechnen, ist eine Entscheidung den Vertrag zu wechseln meist kostspielig.
Übrigens: Online abgeschlossene Verträge enthalten meistens eine Beratervergütung, auch wenn keine oder kaum eine Beratung stattfindet. Ein professioneller Rat lohnt sich.